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Femmes On Air

Anfänge und aktuelle Herausforderungen von Frauen im Radio

Femmes fatales haben sich Ihren Weg bereits erkämpft. Femmes on air dagegen stehen weiterhin vor großen Herausforderungen. Dabei bemühen sich auch Radiounternehmen schon seit einiger Zeit mit diversen Maßnahmen, ihren Frauenanteil zu erhöhen – mit familienfreundlicheren Arbeitsmodellen von Teilzeit bis mobiles Arbeiten. Die berühmt-berüchtigte Gender-Gap ist dennoch hartnäckig und prägt weiterhin das Bild eines männlich-dominierten Rundfunks. Trotz dessen müssen sich Frauen meist mehr erkämpfen als Männer, vor allem im beruflichen Umfeld. Dabei ist es eigentlich eher wie bei der NASA: Ohne die Berechnungen und Programmierungen von Expertinnen wie Katherine Johnson, Dorothy Vaughan und Mary Jackson wären Neil Armstrong und Co wahrscheinlich noch heute nicht auf dem Mond gewesen. Welche Rollen Frauen im und beim Radio gespielt und wie sie von Beginn an das Radio in Deutschland verändert und mitgestaltet haben, lesen sie hier anhand von ausgewählten Ausschnitten aus der Radiogeschichte:

Lore Walb (BR, Historisches Archiv/Lindinger)

Zurück zum Anfang: Der Frauenfunk des BR
Der Frauenfunk des BR wurde 1945 in München gegründet und zunächst von Ilse Weitsch geleitet. Das Team bestand ausschließlich aus Redakteurinnen und freien Mitarbeiterinnen, die gemeinsam das Programm gestalteten. Nachdem Ilse Weitsch im Jahr 1958 unerwartet verstarb, wurde Lore Walb die neue Leiterin des Frauenfunks. Lore Walb hatte Germanistik, Anglistik und Geschichte studiert und arbeitete zuvor bereits in verschiedenen Bereichen des Südwestrundfunks.
Im Jahr 1964 sprach sie in der Sendung „Der Funk und seine Hörer“ über die Motivation und Intention, die dem Frauenfunk zu Grunde lag. Diese bewegten sich zwischen einerseits traditionellen Rollenbildern in der Annahme, eine Frau habe sich um Familie, Ehe und Haushalt zu kümmern und modernen und heute weiterhin aktuellen Themen, wie Berufschancen, damals zum Beispiel als Programmiererin, Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte von Frauen, ihre Beteiligung in der Politik und das Übernehmen von Verantwortung in führenden Positionen. Zur Sprache kamen auch die Themen Gleichberechtigung sowie „neue“ Erziehungsmodelle, in denen sowohl die Frau, als auch der Mann für die Erziehung Verantwortung übernehmen. Zudem sollte sich der Frauenfunk nicht nur an Frauen richten, sondern anderen Hörenden auch die Gelegenheit bieten, Informationen und Berichte aus der Sicht von Frauen hören zu können. So wurde im Frauenfunk nicht nur vermittelt, dass und wie eine Frau ihre Rollenvorstellungen zu erfüllen hatte. Ein wichtiges Anliegen der Macherinnen bestand darin, sich und anderen Frauen Mut zur Selbstbestimmung zu vermitteln.
Nachdem Lore Walb im Jahr 1968 auch einen Redakteur einstellte, musste sie den Frauenfunk in den Familienfunk umbenennen und generell auch Männer mitarbeiten lassen. Der Familienfunk bekam im Vergleich zum Frauenfunk mehr Etat sowie Sendezeit und markierte damit das Ende des damaligen Frauenfunks.
Auch in anderen Städten, wie zum Beispiel Stuttgart, Weimar und Frankfurt gab es einen Frauenfunk. In Frankfurt wurde dieser von Gabriele Strecker geleitet, die sich vor allem für frauenpolitische Themen und die internationale (Weiter-)Bildung von Frauen einsetzte.

Frauen im Bürgerfunk: FrauenLesbenRadios in den 90ern
Zu Beginn der 90er Jahre begann eine neue Ära des feministischen Radios: In Nordrhein-Westfalen und im Ruhrgebiet gingen verschiedene FrauenLesbenRadios on air, die zum sogenannten Bürgerfunk gehörten. Ziel des Programms war es, dem wachsenden Rassismus und Sexismus der damaligen Zeit etwas entgegenzusetzen und eine neue Perspektive auf das Zeitgeschehen abzubilden. Zu den FrauenLesbenRadios zählten beispielsweise das Frauen-Radio-Magazin Dauerwelle aus Duisburg, das FrauenLesbenRadio Funk`n Flug aus Bochum, das Frauenradio Sirena aus Köln und das Frauenradio Lästerher(t)z aus Köln. Neben der Produktion alternativer Radiobeiträge wurden außerdem spezielle Seminare für Frauen organisiert, die sich für die Arbeit beim Radio interessierten. Der Einstieg in die Welt des Rundfunks sollte hierbei durch das Erlernen journalistischer Methoden und Sprechtechniken erleichtert werden.
Am 28. März 1992 fand außerdem der erste FrauenRadio Tag in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle für Frauen und der Beratungsstelle Frau und Beruf in NRW statt. Zukünftig sollte es weniger Hürden für Frauen geben, sich an lokalen Radioprogrammen und insbesondere dem Bürgerfunk zu beteiligen. Im Rahmen des ersten FrauenRadio Tages reisten viele Teilnehmer*innen nach Duisburg, um sich für die Gleichstellung von Frauen im Rundfunk zu engagieren.

Frauen hinter den Kulissen:
Die Beteiligung von Frauen an der deutschen Radiolandschaft beschränkte sich nicht nur auf die Produktion journalistischer Inhalte. Tatsächlich war ein Großteil der beim Rundfunk beschäftigten Frauen zunächst in der Verwaltung oder als Tontechnikerinnen tätig und selbst nie im Radio zu hören. Dennoch gab es bereits in den 1950er Jahren Frauen, die in hochrangigen Positionen bei verschiedenen Rundfunkanstalten beschäftigt waren und die Entwicklung des Radios maßgeblich beeinflussten. So setzte sich Dr. Susanne Delitz-Starker, die damalige Personalchefin des SWR, schon im Jahr 1955 für eine Förderung von Frauen im Rundfunk ein, um der Beteiligung von damals gerade einmal 28 Prozent etwas entgegenzusetzen.
Inzwischen gibt es zahlreiche Frauen, die in Führungspositionen beim Rundfunk tätig sind. Zum Beispiel Nina Gerhardt, der Geschäftsführerin von RTL Radio, oder BR-Intendantin Katja Wildermuth. Neben ihnen denken wir auch besonders an Jaqueline Bierhorst, die im Herbst zur Präsidentin von World DAB gewählt wurde und sich für die globale Einführung des digitalen Rundfunks einsetzt.

Frauen im Radio heute:
Die generelle Situation von Frauen im Radio hat sich bis heute stetig verbessert und trotzdem gibt es noch eine Menge aufzuholen und auszugleichen. In nur zwei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten lag der Frauenanteil im Jahr 2018 in Führungs- und Entscheidungspositionen bei knapp über 50%, bei kleineren Anstalten sogar bei nur etwa 25%. Auch bei den Privatsendern ist der Frauenanteil auf Führungsebenen ebenfalls eher gering. Dort liegen die Frauenanteile um die 20-30%. Diese Zahlen stammen aus einer Studie zur „Gleichstellung im Rundfunk“ aus dem Jahr 2018. Sie wurde von dem Verein ProQuote durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt und gefördert.

 

Radiosender für Frauen:
Mit einigen Pausen und Lücken gab es von Anfang an Sender und Programme, die sich mit Themen spezifisch für Frauen beschäftigt und gleichzeitig eine Plattform geboten haben, aus der Sicht von Frauen zu berichten, sie zu ermutigen und zu stärken. Auch heute gibt es diese Sender und was noch besser ist: Sie sind über DAB+ empfangbar.  Antenna Baden-Württemberg setzt sich z.B. mit aktuellen feministischen Themen auseinander. Auch zahlreiche Podcasts verschiedener Sender sehen darin eine Dringlichkeit und thematisieren Frauen, die in der Geschichtsschreibung oft vergessen wurden, wie z.B. Lost Sheroes von COSMO Radio. Den FrauenRadio Tag gibt es zwar heute nicht mehr, dafür aber den internationalen Frauentag am 8. März, an dem viele Radiosender themenspezifische Sonderprogramme senden. So gibt es mittlerweile ein wachsendes Radioangebot, welches von Frauen für Frauen produziert wird, um ihnen weiterhin eine Stimme zu geben, die gehört wird. Mit einem DAB+ Radio empfangen Sie diese Stimme.